Schonfrist für Schadensregulierung durch Makler
Die BaFin hat sich jüngst zum Urteil des Bundesgerichtshofes zur Schadensregulierung durch den Versicherungsmakler geäußert. Die Konsequenzen dieser Einlassung für die bisherige Praxis der Versicherer und Makler erläutert Vanessa Engel.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) stellt klar: Das Urteil BGH 1 ZR 107/14 betrifft nicht nur die Versicherungsmakler selbst, sondern auch Versicherungsunternehmen, die mit Versicherungsmaklern zusammenarbeiten. Denn – so die BaFin – verstößt der Versicherungsmakler, den das Unternehmen mit der Schadenregulierung beauftragt hat, gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), so führe dies gegebenenfalls zur zivilrechtlichen Unwirksamkeit der Beauftragung des Versicherungsmaklers gemäß § 134 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Ein Versicherungsmakler könne sich selbst hierauf berufen und die schadenregulierende Tätigkeit einstellen.
Es stellt sich die Frage, welche Folgen das hat. Ist der Auftrag nichtig, schulden die Versicherer dann auch die Gegenleistung nicht mehr? Erhält der Makler keine erhöhte Courtage (mehr)? Oder könnte diese sogar zurückgefordert werden? Dem dürfte § 242 BGB (Leistung nach Treu und Glauben) einen Riegel vorschieben. Wer die „nichtige“ Tätigkeit beauftragt, kann sich nicht auf die Nichtigkeit berufen, wenn es ans Bezahlen geht. Allerdings ist bereits die Nichtigkeit gem. § 134 BGB zweifelhaft. Das RDG selbst sieht gerade keine direkte Rechtsfolge vor, so dass absolute Nichtigkeit nicht vorliegen dürfte.
Und was wenn der Makler den Versicherungsnehmer so fehlerhaft verteidigt, dass der Versicherer zwar gegenüber dem Geschädigten in die Regulierung eintritt, den Makler aber wegen Schlechtleistung aus einem (unwirksamen?) Vertrag in Regress nimmt? Dann soll – so die BaFin – nicht einmal der Berufshaftpflichtversicherer des Maklers einspringen, da der BGH die Tätigkeit ja als „nichtberufliche Nebenleistung“ qualifiziert hat, sie also nicht der Berufshaftpflicht unterfällt, jedenfalls nicht dem versicherten Beruf. Auch hier bestehen Zweifel an den Ausführungen der BaFin, denn die meisten Klauseln in der Berufshaftpflichtversicherung dürften über den angegebenen Beruf hinaus die Abgrenzung zur privat veranlassten Tätigkeit suchen, und der Makler wird ja definitiv beruflich tätig.
Dem Makler droht auch kein Bußgeld gem. § 20 RDG, denn er ist nicht unqualifiziert (i.S.v. § 9 RDG), sondern „lediglich“ unlauter.
Folgen hat die Entscheidung damit aber trotzdem im Wesentlichen für die Versicherer. Der Versicherer lässt die Rechtsdienstleistung für den Versicherungsnehmer unentgeltlich durch den Makler erbringen. Der Makler ist aber nicht hinreichend qualifiziert i.S.v. § 6 II RDG. Die zuständige Behörde könnte somit die weitere Erbringung von solchen Rechtsdienstleistungen für längstens fünf Jahre untersagen gem. § 9 I 2 RDG. Bei weiterem Verstoß könnte dem Versicherer ein Bußgeld von bis zu 50.000,00 € auferlegt werden.
Nach der sehr zaghaften Annäherung an das Thema durch die BaFin dürften solche Bußgelder allerdings in naher Zukunft nicht verhängt werden. Die BaFin räumt ausdrücklich ein, dass die Versicherer Zeit benötigen, um das etablierte System vom Kopf auf die Füße zu stellen. Solange darf der Makler also weiterhin „unlauter“ tätig sein und dürfen sich die Versicherer in dieser Angelegenheit auch „incompliant“ verhalten. Die zuständige Behörde ist zwar nicht die BaFin, sondern die Landesjustizverwaltung. Mit dieser hat aber offenkundig bereits eine Abstimmung stattgefunden, so dass die Untersagungsverfügung erst dann in Betracht kommen dürfte, wenn die Versicherer die Arbeit am System nicht oder nicht zügig genug vornehmen.
Obgleich die Entscheidung des BGH bereits über ein Jahr zurück liegt, ist mit einer Veränderung in der Maklerbranche also noch lange nicht zu rechnen.
Lesen Sie auch die Kommentierung von Vanessa Engel zum Urteil des Bundesgerichtshofes zur Schadensregulierung durch den Versicherungsmakler aus Sicht der Anwaltschaft.
Das Urteil auf einen Blick
In der Versicherungswirtschaft ist es übliche Praxis, dass Versicherer für die Schadenregulierung Versicherungsmakler beauftragen, mit denen das jeweilige Versicherungsunternehmen auch zum Vertrieb seiner Produkte zusammenarbeitet. Anfang 2016 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass Versicherungsmakler in der Regel gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verstoßen, wenn sie im Auftrag eines Versicherungsunternehmens Schäden regulieren. Das Urteil hält fest: Die Regulierungstätigkeit des Maklers für den Versicherungsnehmer (in der Entscheidung eine Reinigung) im Auftrag des Versicherers (ein Haftpflichtversicherer) gegen erhöhte Courtage ist ein Verstoß gegen § 4 RDG. In Folge dessen kann ein Wettbewerber (hier die Rechtsanwaltskammer) den Makler zwingen, diese unlautere Tätigkeit einzustellen.